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Die deutsche Politik holt aus zum großen Schwung

Finanzmarktkommentar von Dr. Manuel Steinbrink, Ökonom der apoBank | 18.03.2025

Auf einen Blick

  • Berlin läutet eine Wende in der deutschen Fiskalpolitik ein
  • Nennenswert positive Effekte sind allerdings erst mittelfristig zu erwarten
  • Europas Aktienmärkte werden durch die fiskalische Neuausrichtung unterstützt
  • Das Renditeniveau im Euroraum bleibt dauerhaft erhöht

Berlin steuert in der Fiskalpolitik um

Die schwäbische Hausfrau galt der Politik in Berlin in der Vergangenheit oftmals als Vorbild. Im Geiste des Sparsinns entstand 2009 auch die sog. Schuldenbremse, die nicht nur im Wahlkampf hitzig diskutiert wurde, sondern gerade unter Ökonomen als nicht mehr zeitgemäß gilt. Die Notwendigkeit höherer Ausgaben für Verteidigung ließ zuletzt auch Verfechter der Schuldenbremse eine Aufweichung der Regeln befürworten. Die CDU unter Friedrich Merz wollte daher schnell die Gunst der Stunde noch nutzen, um mithilfe des alten Bundestages die gesetzliche Grundlage für die Mehrausgaben zu schaffen. Denn im neuen Bundestag wäre aufgrund der Zweidrittelhürde von Verfassungsänderungen die Zustimmung von AfD oder der Linken für eine Umsetzung notwendig gewesen.

Mit zusätzlichen Bestimmungen, die auch den Ländern einen höheren Ausgabenspielraum geben und einem Sondervermögen von 500 Mrd. Euro für Infrastrukturinvestitionen holt die deutsche Politik nun sogar zu einem großen Schwung und einer Kehrtwende in der Fiskalpolitik aus. Zwar wird infolgedessen die Schuldenquote in den kommenden Jahren nach zuletzt einer erneuten Absenkung steigen.

Deutschland kann sich das jedoch gut leisten.Selbst die oft kritischen Rating-Agenturen befürworten mehr Schulden, um Deutschland auf den Wachstumspfad zurückzuführen, anstatt mit verschlossenem Geldbeutel Deutschlands derzeitige wirtschaftliche Malaise zu vertiefen.

Kurzfristiger Effekt gering, Erfolg braucht auch Strukturreformen

Die unmittelbaren Effekte aus dem fiskalischen Umschwenken sind jedoch erst mittel- bis langfristig zu erwarten. Grund hierfür ist der investive Charakter der Mehrausgaben. Denn anders als bei direkten Hilfen für Haushalte, wie bspw. in der Corona-Krise, bedürfen Investitionen in Rüstungsgüter und Infrastrukturprojekte einer längeren Planungszeit. Zudem müssen Kapazitäten für die Umsetzung der Pläne bei Unternehmen und Behörden teilweise erst noch aufgebaut werden. Infolgedessen sind die Wachstumsimpulse für das laufende Jahr erst einmal noch gering.

Erst ab dem kommenden Jahr dürfte mit mehr zusätzlicher Wirtschaftskraft zu rechnen sein. Damit sich dieser langfristige Erfolg jedoch einstellt, bedarf es begleitender struktureller Reformen, z. B. am Arbeitsmarkt. Ansonsten droht der Effekt der Geldschwemme recht schnell zu verpuffen. Bislang lassen die Absichten der künftigen Koalition noch keine konkreten Pläne erkennen, auch wenn vor allem die CDU auf Reformen drängt.

Unsere Hausmeinung und Strategie: Europas Stärke nutzen

Da an den Börsen die Zukunft gehandelt wird, führen die Pläne aus Berlin auf dem Börsenparkett schon heute zu deutlichen Kursgewinnen. Bereits bevor die Pläne aus Berlin konkret wurden, sorgten umfassende Hoffnungen, dass nach der Bundestagswahl die wirtschaftspolitischen Weichen in Deutschland neu gestellt werden, für einen Schub des hiesigen Aktienmarktes. Der deutsche Leitindex DAX konnte seit Jahresbeginn ein kräftiges Plus von rund 13 % bis Mitte März einfahren und sich damit gegen die schwache Entwicklung der US-Börsen behaupten.

Schon im Vorfeld der Wahlen im Februar war zu beobachten, dass auch ausländische Anleger, verstärkt aus den USA, Europas Märkte wiederentdecken. In der fiskalischen Wende sehen sich diese Anleger nun bestätigt. Auch wir hatten zuletzt europäische Aktien als zunehmend attraktiver als ihre US-Pendants eingestuft und in der Vermögensverwaltung das Gewicht erhöht.

Da wir davon ausgehen, dass dieser Trend anhält, behalten wir die Übergewichtung hiesiger Aktien bei. Da Deutschlands Wirtschaft ein Schwergewicht innerhalb Europas ist, strahlt eine höhere Zuversicht in Deutschland auch positiv auf die Währungsunion aus. Der Euro hat sich infolgedessen zuletzt von seinem Tiefststand erholt. Wir gehen davon aus, dass dies anhält, und heben unsere Euro-Dollar-Prognose für die kommenden Monate auf 1,15 US-Dollar je Euro an.

Der perspektivisch stärkere Euro wird dabei auch von einer wieder geringeren Zinsdifferenz zwischen den beiden Seiten des Atlantiks gestützt. Die Haushaltspläne aus Berlin haben am Anleihemarkt für ein höheres Renditeniveau bei Bundesanleihen und anderen europäischen Staatsanleihen geführt. Mit einem Anstieg auf knapp 3 % bis Mitte März lag die Renditedifferenz gegenüber den US-Titeln so niedrig wie zuletzt 2023 und zuvor für wenige Monate in der frühen Phase der Corona-Krise. Eine Verstetigung ist auch hier zu erwarten, da in den USA eine zuletzt rückläufige Konjunkturdynamik das dortige Renditeniveau eher schwächt. Deshalb fahren wir unser Übergewicht in europäischen Staatsanleihen vorerst auf neutral zurück, während wir am Übergewicht der US-Staatsanleihen festhalten.

Die gegenwärtige Entwicklung der Finanzmärkte steht unter dem politischen Gegensatz eines neuen Optimismus aus Europa einerseits und destruktiven Tönen der USA andererseits. Ein hoher Grad an Flexibilität bleibt daher in der Kapitalanlage notwendig, um auf taktischer Ebene die Chancen aus diesen gegensätzlichen Einflüssen zu nutzen.
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