Flagge der USA

US-Präsidentschaftswahl: Biden wirft das Handtuch


Finanzmarktkommentar von Dr. Björn Ohl, Ökonom der apoBank

Auf einen Blick


  • Joe Biden steigt aus dem Präsidentschafts­wahlkampf aus
  • Als neue Kandidatin hat Biden die aktuelle Vize-Präsidentin Kamala Harris vor­ge­schlagen
  • Erst im August werden die US-Demokraten fest­legen, wer als Kandidat gegen Trump antritt
  • Mit der Aussicht auf Harris als Kandidatin bleiben die Sieg­chancen der Demokraten niedrig
  • Unter Investoren steigt zwar die Unsicher­heit, aber die Wirkung auf die Märkte ist gering

Bidens Rückzug zeichnete sich ab

Joe Biden ist aus dem US-Präsidentschafts­rennen ausgestiegen. Das gab der 81-jährige amtierende Präsident am Sonntag in einem Brief auf Social-Media bekannt. Im Laufe der Woche will Biden in einer Ansprache an die Wählerinnen und Wähler seine Beweg­gründe genauer erklären. Bidens historischer Rückzug kam nicht über­raschend. Nach seinem desaströsen Auftritt in der ersten TV-Debatte Ende Juni und dem gescheiterten Attentat auf Donald Trump am vorigen Wochenende zeichnete sich dieser Schritt in der letzten Woche immer deutlicher ab.

Denn in Anbe­tracht der schwachen und rück­läufigen Zustimmungs­werte wurde eine Wieder­wahl Bidens am 5. November immer unwahr­scheinlicher. In der Folge erhöhten führende Politiker der Demokratischen Partei und einfluss­reiche Spender, die Bidens Wahl­kampf finanzieren, den Druck und forderten einen neuen Präsident­schafts­kandidaten. Den ent­scheidenden Aus­schlag dürfte schließlich der bröckelnde Rück­halt des ehemaligen Präsidenten Barack Obama gewesen sein, der bekanntlich ein enges persönliches Ver­hältnis zu Joe Biden pflegt.

Kamala Harris steht als Kandidatin bereit

In seinem Brief hat Joe Biden die Vize-Präsidentin Kamala Harris als neue Kandidatin vor­ge­schlagen. Sie kündigte bereits um­gehend an, dass sie als Kandidatin bereit­steht, um Donald Trump zu schlagen. Doch zuvor muss Harris erst noch offiziell als Kandidatin der Demokratischen Partei gekürt werden. Dafür dient der Nominierungs­parteitag der Demokraten in Chicago vom 19. bis 22. August. Dass Harris diese Hürde erfolg­reich nehmen wird, ist höchst wahr­scheinlich, aber nicht sicher. Aus den Quoten der Online-Wettbüros lässt sich eine implizite Wahr­scheinlich­keit von 80 % ableiten, dass sie sich die Kandidatur sichern kann (Stand: 21. Juli 2024).

Für eine Kandidatur von Harris sprechen die Unter­stützung und der Rück­halt, den sie von Seiten demokratischer Partei­kollegen und zahl­reicher Wahl­kampf­spender unmittelbar nach Bidens Rück­zug erhalten hat. Außer­dem kann sie auf die Gelder zu­greifen, die bereits für den gemeinsamen Wahl­kampf mit Biden gespendet wurden.

Die Kandidatin Harris ist aus vielen und guten Gründen die nahe­liegende Wahl. Ob die Partei mit Harris tatsächlich auch das beste Pferd ins Rennen schickt, darf aller­dings bezweifelt werden. Gretchen Whitmer, die der­zeitige Gouverneurin von Michigan, gilt vielen Beobachtern als die bessere Kandidatin. Bis zum Nominierungs­parteitag der Demokraten im August besteht also noch ein gewisses Maß an Unsicher­heit, ob Harris als offizielle Kandidatin gekürt wird. Denn die Delegierten, die ihre Stimme in den Vor­wahlen bereits für Biden abge­geben hatten, sind nicht ver­pflichtet auf dem Parteitag für Harris zu stimmen.

Mit Harris bleibt alles beim Alten

In dem derzeit wahr­scheinlichsten Fall wird also Harris die Kandidatur von Biden erben und dessen bisherigen Wahl­kampf relativ nahtlos fortführen. An den Inhalten des Wahl­programms sind keine wesentlichen Änderungen zu erwarten. Als Kandidatin kann Harris einige Attribute vorweisen, deren Defizite Biden als alter weißer Mann zumindest latent nachteilig ausgelegt wurden. Sie ist mit 59 Jahren deutlich jünger, weiblich sowie indisch-jamaikanischer Abstammung. In der Gunst der Wählerinnen und Wähler steht Harris dennoch bloß unwesentlich besser da. Deutlich höhere Siegchancen als Biden kann sie auch nicht vorweisen. Es bleibt also mit Harris alles beim Alten.
Grafik zur Wählergunst in den USA

Mehr Unsicherheit an den Märkten, mehr aber auch nicht

An den Finanzmärkten erhöht der Rückzug von Biden weniger als vier Monate vor der Wahl die Unsicher­heit unter Investoren. Denn unsicher bleibt, wer überhaupt Anfang November als Kandidat oder Kandidatin der Demokraten gegen Donald Trump antreten wird und wie sich die Kandidatur für die Präsidentschafts­wahl auf die Kongress­wahlen auswirken wird.  Eine klare Stoß­richtung für die Kurse an den Aktien- und Anleihe­märkten ergibt sich aus den personellen Veränderungen bei den Demokraten erst­mal nicht.

Weil sich die (impliziten) Wahrscheinlich­keiten für die Ausgänge der Präsidentschafts- und Kongress­wahlen nach Bidens Rück­zug nicht entscheidend ver­schoben haben, gibt es auch keinen Grund für nennens­werte Kurs­bewegungen als Reaktion auf die Kapriolen in Washington.

Die in den letzten Wochen zu beobachtenden „Trump-Trades“, also solche Positionierungen, die von einem Trump-Sieg profitieren sollten, haben in der Vermögens­verwaltung bereits positive Wirkung entfaltet. Deshalb ergeben sich für uns aktuell auch keine unmittelbaren Handlungs­bedarfe in der Vermögens­verwaltung. Unsere taktische Asset Allokation für Juli hat weiterhin Bestand.
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